Der Joint-by-Joint Ansatz

01. April 2020
Gray Cook und Michael Boyle haben gemeinsam einen Ansatz entwickelt, um die Funktion der Gelenke und deren Verletzungsanfälligkeit besser zu verstehen, den sogenannten Joint-by-Joint Ansatz (Gelenk-für-Gelenk Ansatz).

Die Gelenke sind im Körper übereinander gestapelt und jedes Gelenk beziehungsweise jede Gelenkgruppe erfüllt eine konkrete Funktion. Aufgrund der unterschiedlichen Aufgaben der Gelenke stellt auch jedes Gelenk unterschiedliche Voraussetzungen an das Training.
Betrachtet man die „gestapelten" Gelenke genauer (siehe Abb.), fällt auf, dass sich die Gelenke in ihrer jeweiligen Funktion von Mobilität und Stabilität abwechseln. So sollten die Sprunggelenke mobil, die Kniegelenke stabil, die Hüften mobil, die Lendenwirbelsäule stabil, usw. sein.

Was bedeutet dies nun für das Training?

Viele Menschen und Sportler klagen häufig über Schmerzen im Knie oder im unteren Rücken. Die Ursache für die Schmerzen liegt dabei jedoch oftmals nicht im schmerzenden Gelenk, sondern sehr häufig im Gelenk darüber oder darunter. Ist beispielsweise die Mobilität im Sprunggelenk eingeschränkt (u.a. auch „künstlich" durch Tape-Verbände oder hohe Schuhe), muss das Kniegelenk mehr und mehr Aufgaben der Mobilität mit übernehmen. Dies kann über einen längeren Zeitraum zu Überlastungserscheinungen und letztendlich zu Schmerzen oder sogar Verletzungen führen.
Ähnlich verhält es sich mit der Hüfte, wobei dieser eine Sonderrolle eingeräumt werden muss. Das Hüftgelenk muss sowohl mobil als auch stabil sein. Die eingeschränkte Hüftmobilität führt in der Lendenwirbelsäule (LWS) zu Kompensationsbewegungen. Dadurch verliert die LWS nach und nach an Stabilität und die Hüfte immer mehr an Mobilität, welches zu Rückenschmerzen führen kann.
Häufig ist jedoch auch die hüftumgebende Muskulatur (Gesäßmuskulatur, Beckenboden und unterer Anteil der Bauchmuskulatur) abgeschwächt und kann nicht für die ausreichende Stabilisierung des Hüftgelenks bei einbeinigen Bewegungen (Bsp. beim Laufen die Landephase etc.) sorgen. Dadurch neigt der Oberschenkel zur Adduktion (das Heranziehen einer Gliedmaße zur Körperachse hin) und Innenrotation. Das bedeutet das das Knie in eine X-Beinstellung gezogen wird. Dies wiederum kann zu Fehlbelastungen im Knie und somit zu Schmerzen führen.

Fazit

Wenn ein Gelenk nicht normal funktioniert, kann es in den darunter oder darüber liegenden Gelenken zu Überbelastungen kommen. Wir sollten also bei Knie- oder Rückenschmerzen die Ursachen nicht immer nur im jeweiligen Gelenk suchen, sondern auch die Strukturen darüber und darunter betrachten.
Da beim funktionellen Training Bewegungen und keine einzelnen Muskeln trainiert werden, lassen sich dabei Kompensationsbewegungen der Trainierenden oftmals schnell erkennen und mit entsprechenden Übungen beheben.
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